Geschichte wird gemacht.

Wie wir die Beschäftigungssituation von Frauen im Bauhauptgewerbe von 1980-1994 in der BRD erlebt haben

Anne Brüggemann und Petra Redert - Wrisbergholzen, 2003

In den 80er Jahren bis zum Juli 1994 war die Ausbildungs- und Beschäftigungssituation von Frauen im Bauhauptgewerbe in Westdeutschland und Westberlin stark von dem damals geltenden Beschäftigungsverbot geprägt.

Nach der seit 1938 im Deutschen Reich und anschließend in der BRD geltenden Arbeitszeitordnung durften "weibliche Arbeitnehmer nicht mit der Beförderung von Roh- und Werkstoffen bei Bauten aller Art beschäftigt werden". Zu diesem Gesetz erließ der Minister für Arbeit, Gesundheit und Sozialordnung 1980 eine Ausführungsverordnung, in der es weiter hieß, dass "weibliche Arbeitnehmer ... auch nicht mit den eigentlichen Betriebsarbeiten beschäftigt werden" dürfen. Ausnahmen sollten von den Gewerbeaufsichtsämtern nur für vorgeschriebene Praktika zugelassen werden.

Diese Vorgaben wurden in den einzelnen Bundesländern sehr unterschiedlich umgesetzt. Beispielsweise mussten in Westberlin ausbildungs- und beschäftigungswillige Betriebe Anträge auf Befreiung von den o.g. Verboten nach den genannten Vorgaben stellen, z.B. "weibliche Auszubildende beabsichtigt Architekturstudium". Außerdem mussten sich die Frauen vor der Einstellung arbeitsmedizinischen Untersuchungen unterziehen, die später wiederholt wurden. Es wurde auch ein gynäkologisches Unbedenklichkeitsgutachten verlangt. In Hamburg dagegen gab es ab 1990 keinerlei Beschränkungen mehr. Mehrere Gerichte bezweifelten in diesen Jahren die Rechtmäßigkeit dieser Verbote.

Vorurteile gegen die Arbeit von Frauen am Bau und insbesondere im Bauhauptgewerbe hatten in dieser Zeit also eine legale Grundlage. Durch diese Dickicht an Bestimmungen mussten wir uns spätestens bei der Ausbildungsplatzsuche hindurchschlagen. Andererseits waren die Maschen der gesetzlichen Regelungen so grob gestrickt, dass viele von uns hindurch kamen. Andere wurden massiv an der Berufsausübung gehindert.

Bekannter als das Beschäftigungsverbot und viel beliebter bei der Abwimmelung von Arbeits- oder Ausbildungsplatz suchenden Frauen war in Baubetrieben des Westens die veraltete Bestimmung der Arbeitsstättenverordnung, die bei der Beschäftigung von Frauen die Einrichtung einer Damentoilette vorschrieb.

Die schlechte, alte Zeit bot uns zumindest klare Feindbilder. Wir waren Heldinnen.
Wir beteiligten uns an vielen Diskussionen und Anhörungen und organisierten Aktionen gegen das Beschäftigungsverbot.

Eine ganz neue Dynamik auf dem Arbeitsmarkt brachte "die Wende" in Gang. Anfang der 90er Jahre setzte ein Boom in der Bauwirtschaft ein. 1994 fiel das Beschäftigungsverbot.

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